Mitwirkende
Karin Weston - Sopran
Karoline Echeverri-Klemm, Aliza Vicente - Geige
Daniele Caminiti - Theorbe
Jonathan Pesek - Violoncello
Andreas Westermann - Cembalo
Andrew Burn - Dulzian und Leitung
Über das Programm
Isabella Leonarda (1620–1704), Ursulinen-Nonne aus Novara, gehört zu den bedeutendsten Komponistinnen des 17. Jahrhunderts. Mit ihrer Sammlung Sonate da chiesa, Op. 16 (Bologna, 1693), veröffentlichte sie als erste Frau überhaupt eine gedruckte Sammlung von Sonaten. Diese zwölf Werke zeigen, wie sich die in Bologna entwickelte Sonatenform – geprägt durch Komponisten wie Maurizio Cazzati und Giovanni Legrenzi – in den geschlossenen Räumen des Klosters neu entfalten konnte. Ihre Musik verbindet virtuose Passagen mit einer klaren, andachtsvollen Rhetorik.
Leonarda war jedoch weit mehr als eine einmalige Ausnahmeerscheinung: Über nahezu sechs Jahrzehnte veröffentlichte sie rund zwanzig Sammlungen mit insgesamt etwa zweihundert Kompositionen – von Motetten und Messen bis zu groß angelegten Psalmen und geistlichen Konzerten. Gleichzeitig bekleidete sie in ihrem Konvent das Amt der Musiklehrerin, stieg bis zur Mutter Oberin auf und übernahm Verantwortung in der Leitung des Hauses. Dass sie trotz dieser Aufgaben eine so reiche musikalische Produktion entfalten konnte, erklärt, warum sie in Novara schon zu Lebzeiten als „la Musa novarese“ verehrt wurde.
In diesem Konzert präsentieren wir eine Auswahl aus Leonardas Opus 16: kammermusikalische Trios, die rasch zwischen Affekten wechseln, sowie größere Quartette mit dichterer Satzstruktur. Ihre Werke offenbaren eine Komponistin, die das Formbewusstsein ihrer Zeit meisterhaft beherrschte und gleichermaßen Ausdruckskraft wie technische Brillanz verband.
Ergänzt wird das Programm durch zwei Werke des venezianischen Komponisten Benedetto Ferrari (ca. 1603–1681), einem Pionier der italienischen Kammerkantate. Seine geistliche Kantate Queste pungenti spine (1637) bietet eine meditative Betrachtung des Leidens Christi, während die weltliche Arie Amanti io vi so dire (1641) von Liebe und Begehren erzählt. Letztere stellen wir in einen besonderen Dialog mit Maurizio Cazzatis instrumentaler Ciacona à 3 (1659). Über dem gemeinsamen ostinaten Bass entfalten sich vokale und instrumentale Variationen, die exemplarisch zeigen, wie eng die Grenze zwischen geistlicher und weltlicher, zwischen gesungener und gespielter Musik damals verlief.
Das Programm verdeutlicht damit eine transalpine Klangsprache, die sich mühelos zwischen Kloster, Kirche und Kammer bewegte. Leonarda steht im Mittelpunkt, ihre Sonaten bilden den roten Faden. Ferraris Kantaten und die Ciacona-Kultur ihrer Zeit setzen den Rahmen. So entsteht ein Abend, der nicht nur eine Pionierin würdigt, sondern auch den musikalischen Austausch und die Vielfalt des 17. Jahrhunderts lebendig werden lässt.